Liebe Schwestern und Brüder!
Vor uns liegt ein Heiliges Jahr, das nach alter Tradition alle 25 Jahre ausgerufen wird. Es steht unter dem Leitwort: „Pilger der Hoffnung“. Damit spricht Papst Franziskus zwei wichtige Themen an. Zunächst unterstreicht er die grosse Kraft der christlichen Hoffnung. Sie ist das Schönste, das wir als getaufte Christinnen und Christen anderen Menschen schenken können. Sie weitet den Blick und hilft uns, auch die grössten Lasten des Lebens zu tragen: am Kranken- oder Sterbebett, in Trauer und Verzweiflung und in all den schwierigen Momenten, in denen wir nicht mehr weiterwissen. Denn hoffen heisst, für die Zukunft offen zu sein und auf das gute Wirken Gottes in unserem Leben zu vertrauen.
Das Motto „Pilger der Hoffnung“ weist zweitens auch darauf hin, dass das Pilgern ein wesentliches Element eines jeden Heiligen Jahres ist. Deshalb lädt Papst Franziskus zu Pilgerfahrten ein: zu den Heiligen Pforten in den grossen Pilgerkirchen in Rom und zu den Wallfahrtskirchen in den Diözesen. Im Erzbistum Vaduz wird im kommenden Heiligen Jahr insbesondere die Kathedrale St. Florin in Vaduz eine „Kirche der Hoffnung“ sein und für Pilgerinnen und Pilger offenstehen. Auch der Jubiläumsablass kann hier gewährt werden. Ganz herzlich lade ich Euch alle ein, Euch dieser weltweiten Pilgerfahrt der Hoffnung anzuschliessen und Euch durch Gebet, die Mitfeier der Gottesdienste und den Empfang des Busssakraments von Gott stärken zu lassen sowie durch tätige Nächstenliebe ein Zeichen des Glaubens und der Solidarität zu setzen. Offiziell beginnen werden wir das Heilige Jahr mit einem Gottesdienst am Sonntag, 29. Dezember 2024, in der Kathedrale St. Florin in Vaduz. Zu dieser Feier lade ich Euch alle herzlich ein.
„Fröhlich in der Hoffnung“ (Röm 12,12) Christus entgegengehen
„Pilger der Hoffnung“ – ich finde, das ist nicht nur ein ermutigendes Thema für das Heilige Jahr, sondern auch ein wertvoller Impuls für die vor uns liegende Adventzeit. Wir gehen dem Fest der Geburt des Herrn entgegen und machen uns auf den Weg hin zur Krippe. Auch die liturgischen Texte dieser Tage rufen auf, wachsam zu sein und aufzubrechen. Im Tagesgebet haben wir vorhin gebetet: „Hilf uns, dass wir auf dem Weg der Gerechtigkeit Christus entgegengehen und uns durch Taten der Liebe auf seine Ankunft vorbereiten.“ Im Advent stehen die Zeichen also nicht auf Ruhe und passives Warten, sondern auf Aufbruch, denn wir gehen Christus entgegen. Wenn wir nicht an ihm vorbeigehen wollen, macht es Sinn, in dieselbe Richtung zu gehen, aus der er kommt. Und das ist der Weg der Gerechtigkeit und der Nächstenliebe. Er führt uns direkt zur Krippe – dorthin, wo die Liebe Gottes ein menschliches Gesicht erhält. Im Advent Christus entgegengehen, heisst: Durch Werke der Liebe und Taten der Hoffnung dem eigenen Weg eine neue Richtung geben.
Gott kommt uns als Kind entgegen
Noch auf einen anderen Aspekt möchte ich hinweisen. Alle unsere Anstrengungen sind gut und richtig, aber bei weitem ist es nicht alles. Wir können Christus nur entgegengehen, weil er zu uns unterwegs ist. Johannes vom Kreuz drückt es so aus: Wenn der Mensch Gott sucht, um wie viel mehr sucht Gott den Menschen![1] In der Geburt Jesu macht sich Gott für uns in einem Kind erkennbar. Dieses Wunder der Menschwerdung Gottes ermutigt Jahr für Jahr von Neuem, mit Vertrauen und Hoffnung unseren Weg als Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung weiterzugehen.
Ein hoffender Mensch ist immer auch ein liebender, der die Nöte und Sorgen anderer Menschen sieht und mit weitem Herzen hilft. So möchte ich jetzt schon auf die Weihnachtskollekte für die Kinderhilfe Bethlehem hinweisen und sage herzlichen Dank für Eure Unterstützung.
Liebe Schwestern und Brüder!
Ganz herzlich wünsche ich Euch für die Adventzeit und das Heilige Jahr starke Momente des Glaubens und intensive Erfahrungen der Hoffnung. Gehen wir als Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung Christus entgegen und vertrauen wir darauf, dass auch er immer schon auf uns zugeht, um uns nahe zu sein. Euch allen eine gesegnete Adventzeit!
Dr. Benno Elbs
Apostolischer Administrator
des Erzbistums Vaduz
[1] Lebendige Liebesflamme 3,28. Das vollständige Zitat lautet: „Wenn die Menschenseele Gott sucht, so sucht sie ihr Geliebter noch viel dringlicher.“