Die christliche Ehe: ein grosses Geheimnis
Hirtenbrief zur Fastenzeit 2012 von Msgr. Wolfgang Haas, Erzbischof von Vaduz
(Der Hirtenbrief ist am 1. Fastensonntag, 26. Februar 2012, in allen Gottesdiensten vorzulesen. Er kann auch auf zwei Fastensonntage verteilt vorgetragen werden. Zur Veröffentlichung in der Presse ist er vom 27. Februar 2012 an freigegeben.)
Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
Nach einem Wort des Völkerapostels ist die christliche Ehe ein grosses Geheimnis1; Paulus sagt dies in Bezug auf Christus und die Kirche. Er sieht in der Aussage des Alten Bundes vom Einswerden “im Fleische”, die sich im Zusammenhang des Schöpfungsberichtes auf die leibliche Zuordnung von Mann und Frau bezieht, einen geheimnisvollen Hinweis auf die innige Verbindung zwischen Christus und Seiner Kirche. Gerade dadurch aber wird die natürliche Gemeinschaft von Mann und Frau, welche durch die Taufe in Christus und Seine Kirche eingegliedert sind, in der Ehe zu einer besonderen Würde erhoben: zur sakramentalen Würde. Doch hören wir nun auf die Stimme des kirchlichen Lehramtes:“Die innige Gemeinschaft des Lebens und der Liebe in der Ehe, vom Schöpfer begründet und mit eigenen Gesetzen geschützt, wird durch den Ehebund, d. h. durch ein unwiderrufliches personales Einverständnis, gestiftet. So entsteht durch den personal freien Akt, in dem sich die Eheleute gegenseitig schenken und annehmen, eine nach göttlicher Ordnung feste Institution, und zwar auch gegenüber der Gesellschaft. Dieses heilige Band unterliegt im Hinblick auf das Wohl der Gatten und der Nachkommenschaft sowie auf das Wohl der Gesellschaft nicht mehr menschlicher Willkür.
Gott selbst ist Urheber der Ehe, die mit verschiedenen Gütern und Zielen ausgestattet ist; sie alle sind von größter Bedeutung für den Fortbestand der Menschheit, für den persönlichen Fortschritt der einzelnen Familienmitglieder und ihr ewiges Heil; für die Würde, die Festigkeit, den Frieden und das Wohlergehen der Familie selbst und der ganzen menschlichen Gesellschaft.
Durch ihre natürliche Eigenart sind die Einrichtung der Ehe und die eheliche Liebe auf die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet und finden darin gleichsam ihre Krönung. Darum gewähren sich Mann und Frau, die im Ehebund nicht mehr zwei sind, sondern ein Fleisch (Mt 19,6), in inniger Verbundenheit der Personen und ihres Tuns gegenseitige Hilfe und gegenseitigen Dienst und erfahren und vollziehen dadurch immer mehr und voller das eigentliche Wesen ihrer Einheit. Diese innige Vereinigung als gegenseitiges Sichschenken zweier Personen wie auch das Wohl der Kinder verlangen die unbedingte Treue der Gatten und fordern ihre unauflösliche Einheit.
Christus der Herr hat diese Liebe, die letztlich aus der göttlichen Liebe hervorgeht und nach dem Vorbild seiner Einheit mit der Kirche gebildet ist, unter ihren vielen Hinsichten in reichem Maße gesegnet. Wie nämlich Gott einst durch den Bund der Liebe und Treue seinem Volk entgegenkam, so begegnet nun der Erlöser der Menschen und der Bräutigam der Kirche durch das Sakrament der Ehe den christlichen Gatten. Er bleibt fernerhin bei ihnen, damit die Gatten sich in gegenseitiger Hingabe und ständiger Treue lieben, so wie er selbst die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat. Echte eheliche Liebe wird in die göttliche Liebe aufgenommen und durch die erlösende Kraft Christi und die Heilsvermittlung der Kirche gelenkt und bereichert, damit die Ehegatten wirksam zu Gott hingeführt werden und in ihrer hohen Aufgabe als Vater und Mutter unterstützt und gefestigt werden. So werden die christlichen Gatten in den Pflichten und der Würde ihres Standes durch ein eigenes Sakrament gestärkt und gleichsam geweiht. In der Kraft dieses Sakramentes erfüllen sie ihre Aufgabe in Ehe und Familie. Im Geist Christi, durch den ihr ganzes Leben mit Glaube, Hoffnung und Liebe durchdrungen wird, gelangen sie mehr und mehr zu ihrer eigenen Vervollkommnung, zur gegenseitigen Heiligung und so gemeinsam zur Verherrlichung Gottes. Wenn somit die Eltern durch ihr Beispiel und ihr gemeinsames Gebet auf dem Weg vorausgehen, werden auch die Kinder und alle, die in der Familiengemeinschaft leben, leichter diesen Weg des echten Menschentums, des Heils und der Heiligkeit finden. Die Gatten aber müssen in ihrer Würde und Aufgabe als Vater und Mutter die Pflicht der Erziehung, vornehmlich der religiösen, die ihnen in ganz besonderer Weise zukommt, sorgfältig erfüllen. Die Kinder als lebendige Glieder der Familie tragen auf ihre Weise zur Heiligung der Eltern bei. In Dankbarkeit, Ehrfurcht und Vertrauen müssen sie das erwidern, was die Eltern ihnen Gutes tun, und ihnen, wie es Kindern ziemt, im Unglück und in der Einsamkeit des Alters beistehen. Ein Leben, das nach dem Tod des einen Gatten als Fortführung der bisherigen ehelichen Berufung tapfer bejaht wird, soll von allen geachtet werden. Von einem reichen geistlichen Leben soll die Familie auch anderen Familien in hochherziger Weise mitgeben. Daher soll die christliche Familie - entsteht sie doch aus der Ehe, die das Bild und die Teilhabe an dem Liebesbund Christi und der Kirche ist - die lebendige Gegenwart des Erlösers in der Welt und die wahre Natur der Kirche allen kundmachen, sowohl durch die Liebe der Gatten, in hochherziger Fruchtbarkeit, in Einheit und Treue als auch in der bereitwilligen Zusammenarbeit aller ihrer Glieder.”3
Das alles klingt sehr optimistisch und gewissermassen sogar idealistisch. Das alles tönt so, als würde der Christ nicht massiv unter den Folgen der Erbsünde leiden, also unter der Sterblichkeit, der Schwächung von Verstand und Willen, der Neigung zum Bösen, der Krankheiten. Das alles wird heute sogar übertönt von der Propaganda jenes Betruges, der uns weismachen möchte, als könnten wir das Paradies auf Erden schaffen. Christlich verstanden, hat nicht die Ehe der Illusionen Zukunft, sondern nur die Ehe unter dem Kreuz und der darin verborgenen Liebe des Erlösers. Nur so kann sich die Ehe als Ort jener selbstlosen Liebe verstehen, die Heil verheisst und Heil bewirkt, womit wir wieder beim grossen Geheimnis sind.
Auch auf dem letzten Konzil war man nicht so naiv zu meinen, das Ideal einer christlichen Ehe sei leicht zu verwirklichen. Die Konzilsväter haben um die Bedrohung der ehelichen und familiären Gemeinschaft und der damit zusammenhängenden Lebensordnung sehr wohl gewusst:
“... Jedoch nicht überall erscheint die Würde dieser Institution in gleicher Klarheit. Polygamie, um sich greifende Ehescheidung, sogenannte freie Liebe und andere Entartungen entstellen diese Würde. Darüber hinaus wird die eheliche Liebe öfters durch Egoismus, bloße Genußsucht und durch unerlaubte Praktiken gegen die Fruchtbarkeit der Ehe entweiht. Außerdem tragen die heutigen wirtschaftlichen, sozialpsychologischen und staatlichen Verhältnisse erhebliche Störungen in die Familie hinein. ... Darum will das Konzil durch besondere Hervorhebung bestimmter Hauptpunkte der kirchlichen Lehre die Christen und alle jene Menschen belehren und bestärken, die die ursprüngliche Würde der Ehe und ihren hohen und heiligen Wert zu schützen und zu fördern suchen.”4
Der selige Papst Johannes Paul II., den man zurecht als einen virtuosen Experten der katholischen Auffassung von Ehe und Familie bezeichnen kann, hat auch hierzulande in aller Deutlichkeit das zentrale Thema von Ehe und Familie angesprochen und diese daher als ein Übungsfeld der christlichen Tugenden aufgezeigt. Denn die Kirche “ist davon überzeugt, dass das Wohl der Gesellschaft und ihr eigenes besonders mit dem Wohl der Familie eng verbunden sind.”5 Seine mahnenden Worte dürfen nicht verhallen: “Die sittliche Ordnung von Ehe und Familie, wie Gott sie in seinem Schöpferplan festgelegt hat, ist aber heute leider durch das gewissenlose Verhalten vieler mannigfach gestört und nicht selten sogar zerstört. Aggressive Ideologien, die sich für modern halten, wollen uns einreden, diese Ordnung sei überholt und sogar menschenfeindlich. So schämen sich auch schon viele Christen, überzeugt für jene moralischen Grundsätze einzutreten. Solche Menschenfurcht kann keinen Segen bringen, weder für den einzelnen noch für die Gesellschaft, welche doch in hohem Maße von der religiösen und moralischen Qualität der einzelnen und ihren Familien bestimmt wird. Die katholische Kirche wird nicht aufhören, all jene Grundsätze unverkürzt und uneingeschränkt zu wiederholen und immer neu zu betonen, welche insbesondere das Übel des ausserehelichen Zusammenlebens, der ehelichen Untreue, der zunehmenden Scheidungspraxis, des Ehemissbrauchs und der Abtreibung der menschlichen Leibesfrucht betreffen.”6
All das stellt heute für jeden wirklichen Christen und Katholiken eine grosse Herausforderung dar, gilt es doch, jenem grossen Geheimnis verpflichtet zu sein und zu dienen, welches die christliche Ehe ist.
- Christliche Ehevorbereitung
Es leuchtet gleichsam von selbst ein, dass in den heutigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen eine solide Vorbereitung auf die christliche Ehe und Familie erforderlich ist. Schon seit einiger Zeit bieten wir in unserem Erzbistum Ehevorbereitungskurse an, die inzwischen mehr und mehr besucht werden. Sowohl im Hinblick auf den hohen Anspruch, den das christliche Verständnis von Ehe und Familie an die Brautleute erhebt, als auch in Bezug auf die Anforderungen, die sich aus der katholischen Morallehre ergeben, legt es sich nahe, die Teilnahme an kirchlich authentischen und somit lehramtstreuen Ehevorbereitungskursen als obligatorisch zu erklären. Die diesbezüglichen Richtlinien und Weisungen werden in nächster Zeit erlassen und veröffentlicht.
Jene Katholiken, die eine kirchliche Eheschliessung beabsichtigen, werden sich rechtzeitig beim zuständigen Wohnortspfarrer melden, um die nähere Vorbereitung auf die Trauung anzugehen. Dabei wird es zu einem guten Trauungsgespräch kommen, bei welchem die Voraussetzungen für das Eingehen einer christlichen Ehe erörtert und erkundet werden, auch um allfällige Ehehindernisse rechtzeitig zu erkennen. Das Erstellen des Trauungsprotokolls ist somit keineswegs eine blosse Formalität. Der Seelsorger wird stets darauf achten, dass das Ausfüllen des kirchlichen Eheschliessungsdokumentes immer auch katechetisch genutzt wird, um das Wesen, die Erfordernisse und Zielrichtung einer christlichen Ehe zur Sprache zu bringen. Die einzelnen Fragen, die an die Ehebewerber gestellt werden, enthalten alle wesentlichen und wichtigen Elemente, die für die Gültigkeit und Erlaubtheit der kirchlichen Eheschliessung erforderlich sind. Deswegen wird man sich für diese unmittelbare Vorbereitung auf die kirchliche Trauung mindestens ebensoviel Zeit nehmen, wie man sie sich für das Anliegen der konkreten Gestaltung der Trauungsfeier nimmt. Das grosse Geheimnis, um das es bei der christlichen Verehelichung geht, verlangt die nötige Vorbereitungszeit. Und diese ist zunehmend wichtiger, je mehr die Einsicht in Wesen und Ausrichtung der christlichen Ehe und Familie bedroht ist.
Für gläubige Christen versteht es sich von selbst, dass sie die persönliche Vorbereitung auf die Eheschliessung auch mit Gebet und mit jenen geistlichen Hilfen verbinden, durch welche die Brautleute sich der Heiligkeit und Schönheit ihres künftigen neuen Lebensstandes vertieft inne werden. Für katholische Brautleute heisst dies insbesondere, dass sie sich durch eine gute Beichte - gegebenenfalls durch eine Lebensbeichte - auf die Trauung vorbereiten. Das Gebetsleben muss angesichts einer so wichtigen Lebensentscheidung, wie es das Eingehen einer Ehe ist, intensiviert werden; die Heiligungsmittel der Kirche sollen grossherzig beansprucht werden.
- Kirchliche Trauungsfeier
Die kirchliche Trauungsfeier ist keine Romantik-Veranstaltung, auch wenn eine Trauung immer etwas Romantisches an sich hat und in sich schliesst. Das Gefühlsbetonte und das Gemütshafte haben natürlich stets auch da ihren Platz. Eine fruchtbringende liturgische Feier der Eheschliessung7 aber wird vorrangig zum Ausdruck bringen, dass die Ehegatten das grosse Geheimnis der Einheit und der fruchtbaren Liebe zwischen Christus und der Kirche darstellen und daran teilnehmen. Der Ehebund, den die Brautleute schliessen, ist etwas zutiefst Ernsthaftes und zugleich Freudvolles; er ist Gabe und Aufgabe in einem; er ist geschenkhaft und anspruchsvoll.
Bei der Trauungsfeier richtet der Trauungsgeistliche erneut und liturgisch öffentlich die zentralen Fragen an das Brautpaar, welche diesem schon bei der dokumentarischen Vorbereitung gestellt wurden. Es geht bei der Eheschliessung um die Prüfung, ob Braut und Bräutigam nach reiflicher Überlegung und aus freiem Entschluss den Bund der Ehe eingehen wollen; ob sie willens sind, einander zu lieben und zu achten und einander die Treue zu halten alle Tage ihres Lebens; ob sie beide bereit sind, die Kinder anzunehmen, die Gott ihnen schenken will, und diese im Geiste Christi und Seiner Kirche zu erziehen; ob sie auch bereit sind, als christliche Eheleute Mitverantwortung in Kirche und Welt zu übernehmen. Bei der Vermählung als solcher sprechen sich Bräutigam und Braut ihr Jawort zu und nehmen sich vor Gottes Angesicht als Ehegatten an. Sie versprechen einander die Treue in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis der Tod sie scheidet. Sie bringen je gegenseitig zum Ausdruck, dass sie einander lieben, achten und ehren wollen alle Tage ihres Lebens. Sodann stecken sie einander im Namen des Dreifaltigen Gottes die Ringe an als Zeichen ihrer Liebe und Treue. Der Zelebrant legt die Stola um die ineinandergelegten Hände des Brautpaares und bestätigt im Namen Gottes und der Kirche den Ehebund. Die Trauzeugen und alle, die zugegen sind, nimmt er zu Zeugen des heiligen Bundes, den die Neuvermählten geschlossen haben, und erinnert an das Wort der Heiligen Schrift: “Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.”8 Der feierliche Trauungssegen beschliesst den Vermählungsakt, der - so es immer möglich und angebracht ist - mit der heiligen Messfeier verbunden wird. Die Trauungsliturgie lässt die Bedeutung und Würde des Ehesakramentes eindrucksvoll aufscheinen. Sie macht deutlich, dass die christliche Ehe ein heiliger und heilshafter Stand innerhalb der Kirche ist. Im christlichen Ehebund wird die Gnade Gottes standesgemäss heilswirksam.
- Katholisches Eheleben
Ein echt christliches Eheleben atmet den Geist der katholischen Weite und Tiefe. Wer sich auf die Einheit, Unauflöslichkeit, Sakramentalität und Grossherzigkeit in der Weitergabe des menschlichen Lebens verpflichtet, wie es dem göttlichen Heilswillen entspricht, der stellt sich einer grossen Aufgabe, die er nur in tiefem Glauben und im Vertrauen auf Gottes Gnadenhilfe erfüllen kann. Obwohl nicht wenige der Ansicht sind, die katholische Ehelehre und die katholische Ehemoral seien einengend und freiheitsberaubend, ist sich der gläubige Katholik bewusst, dass dem gerade nicht so ist. Bekanntlich wird nur die Wahrheit befreien9 und vor Einengung, Knechtschaft, ja Sklaverei bewahren. Die Macht des Sinnlichen bedarf der Mässigung; die Macht des Instinkthaften bedarf der Kontrolle; die Macht der Leidenschaft bedarf der Ordnung. Ein Dichterwort sagt: Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet. Die eheliche Liebe ist vorrangig eine Herzensangelegenheit. Sie ist nicht Produkt einer ungezügelten Leidenschaft, eines blinden Instinktes, einer blossen Sinnlichkeit. Sie ist vielmehr ihrem Wesen nach Hingabe und verlangt Selbstlosigkeit, Opferbereitschaft, Wille zum Verzicht. Wenn sich eine Frau, die sich in einen Mann verliebt, fragen würde, könnte ich mir diesen als den Vater meiner künftigen Kinder vorstellen, und wenn ein Mann, der sich in eine Frau verliebt, fragen würde, könnte ich mir diese als die Mutter meiner künftigen Kinder vorstellen, so würde sich wohl bei der Partnersuche die Optik nicht selten verändern. Woran leidet denn unsere gegenwärtige Konsum- und Spassgesellschaft besonders? Gerade am Verlust an Väterlichkeit und Mütterlichkeit! Man sagt nicht umsonst: Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr. Und man kann durchaus auch beifügen: Mutter werden ist nicht schwer, Mutter sein dagegen sehr. Der sogenannten “vaterlosen Gesellschaft” ist inzwischen auch die “mutterlose Gesellschaft” gefolgt, was sich noch zunehmend bedrohlich auswirken wird.
Der Ehekurs, den wir im Erzbistum seit geraumer Zeit durchführen, will vor allem Neuverheirateten Gelegenheit bieten, ihr Zueinander und Miteinander noch besser zu verwirklichen und vor allem durch offene Gespräche und durch eine Kultur der Zuneigung zu erhalten und zu beleben. Stress im beruflichen Alltag, schädlicher Konsum von Fernsehen, Internet und Elektronik, trügerische Ablenkungen und Zerstreuungen dürfen die eheliche Liebe und die familiäre Gemeinschaft nicht schleichend untergraben oder gar zerstören. Christliche Eheleute und ihre Kinder wissen sich für ihr Verhalten vor Gott verantwortlich. Als gläubige Katholiken nehmen sie regelmässig an der heiligen Messe teil und empfangen die heiligen Sakramente als unverzichtbare Gnadenmittel auf dem Weg zu immer grösserer Vollkommenheit. Sie pflegen das persönliche und gemeinsame Gebet, und sie benutzen die vielfältigen geistlichen Mittel der Heiligung. Wer in regelmässigen Abständen beichtet und treulich die Sonn- und Feiertagspflicht erfüllt, wer sich um die standesgemässe Keuschheit und eheliche Treue bemüht, erlebt immer neu die Schönheit und Würde des christlichen Ehebundes. Dieses Geheimnis ist wahrlich gross, und zwar im Hinblick auf Christus und Seine Kirche.
Wir haben die Stimme des kirchlichen Lehramtes gehört und wollen auf diese Stimme hören. Sie tut uns den Heilswillen Gottes kund. Sie zu überhören, hiesse, sich und alle, für die wir Verantwortung tragen, in Gefahr zu bringen. Wir bitten Gott, uns die Gnade der Hörfähigkeit und der Hörbereitschaft zu schenken. Dabei vertrauen wir auf die Fürsprache Marias, die mit ihrem wachen und hörenden Herzen nichts anderes wollte, als den Willen Gottes ganz erfüllen. Ihrem mütterlichen Herzen übereignen wir das grosse Geheimnis der christlichen Ehe und Familie.
Schellenberg, 2. Februar 2012
✠ Wolfgang Haas, Erzbischof von Vaduz
1 Eph 5,32: “Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf Christus und die Kirche” (so die Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift). Sowohl im griechischen Urtext als auch in der lateinischen Version ist von einem “grossen” Geheimnis die Rede.
2 Gen 2,24
3 Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute “Gaudium et spes” [GS] (1965), Nr. 48. Vgl. zum Ganzen auch: Papst Johannes Paul II., Apostolisches Mahnschreiben “Familiaris consortio” (1981); Katechismus der Katholischen Kirche (1992), Nr. 1601-1666, Nr. 2331-2400
4 GS, Nr. 47
5 Zitat aus der Predigt von Papst Johannes Paul II. bei der Eucharistiefeier vom 8. September 1985 im Sportpark Eschen/Mauren
6 Ebda
7 Vgl. Die Feier der Trauung in den katholischen Bistümern des deutschen Sprachgebietes, 2. Auflage (1992), Praenotanda und pastorale Einführung
8 Mt 19,6
9 Vgl. Joh 8,32